Sexualisierte Gewalt

Etwa jedes vierte Mädchen und mindestens jeder zehnte Junge erleidet sexualisierte Gewalt. Manche schon als ganz kleine Kinder. Die Betroffenen kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten. In besonderer Weise gefährdet sind Kinder und Jugendliche mit Behinderungen.
Die Taten werden in der Mehrzahl von Männern verübt, aber manchmal auch von Frauen. Auch sie kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten. Meist sind es Personen, die das Kind gut kennt und häufig auch mag. Es sind Menschen, denen man eine solche Tat nie zutrauen würde. Die Taten sind in der Regel gut geplant und vielfach Wiederholungstaten. Für die Betroffenen ist es schwer, sich zu wehren. Sie haben sehr ambivalente Gefühle dem Täter oder der Täterin gegenüber. Zudem schämen sie sich und fühlen sich schuldig. Oft können sie die Taten auch gar nicht richtig einordnen, weil ihnen Wissen über sexuellen Missbrauch fehlt. All das macht es ihnen schwer, sich anderen anzuvertrauen. Dazu kommt, dass sie Angst vor den Drohungen der Täter(innen) haben. Und das oft zurecht. Allein können sie die Übergriffe aber nicht beenden. Sie sind auf Hilfe von Erwachsenen angewiesen.
Sehr oft erfahren Mädchen und Jungen auch sexualisierte Gewalt durch andere Kinder oder Jugendliche. Häufig spielen dabei Handy, Internet und soziale Netzwerke eine Rolle.

Illustration zeigt Mädchen, dass ein Stopp-Schild hochhält

Was können Sie tun?

Menschen, die helfen wollen, sind in einer schwierigen Situation. Es gibt leider keine eindeutigen Symptome, an denen man sexuellen Missbrauch und andere sexuelle Übergriffe zweifelsfrei erkennen kann. Aus den oben beschriebenen Gründen fällt es den Betroffenen zudem schwer, sich Hilfe zu holen. Hinweise können Verhaltensänderungen und andere Auffälligkeiten sein. Manchmal kann man nur aus den Symptomen eines Kindes schließen, dass es in Not ist. Oft haben die Erwachsenen lediglich „ein komisches Gefühl“, dass mit dem Kind etwas nicht stimmt und es vielleicht sexuellen Missbrauch erlebt.
Viele Menschen zögern, aufgrund eines „komischen Gefühls“ zu handeln. Das ist verständlich aber fatal, denn es bedeutet, dass viele betroffene Mädchen und Jungen keine Hilfe bekommen.
Wenn Sie den Verdacht haben, dass ein Kind in Ihrem Umfeld sexuelle Gewalt erlebt, bedeutet das vermutlich eine große Verunsicherung und Belastung für Sie. Vielleicht wollen Sie gerne helfen, haben aber Sorge, etwas falsch zu machen.

Bewahren Sie Ruhe und holen Sie sich Unterstützung. Dies können Sie auch tun, ohne den Namen des Kindes zu nennen.
Wenn Sie in der Region Göttingen leben, können Sie sich jederzeit an uns wenden. Telefonisch oder in einem kostenlosen persönlichen Beratungsgespräch klären wir, wie Sie am besten helfen können. Wir unternehmen nichts über Ihren Kopf hinweg.

Wenn sich Ihnen ein Mädchen oder Junge anvertraut,
dass sie oder er sexualisierte Gewalt erlebt habt, bedeutet es, das Ihnen großes Vertrauen entgegengebracht wird.

  • Entlasten Sie die/den BetroffeneN von Schuldgefühlen
    („Es ist gut und richtig, dass du mir das erzählt hast!“)
  • Versuchen Sie, Ruhe zu bewahren und nicht in Panik oder „blinden Aktionismus“ zu verfallen. Das erwartet das Kind auch nicht von Ihnen.
    (Sie können sagen: „Ich möchte dir gerne helfen. Ich weiß gerade noch nicht wie, aber ich kümmere mich drum.“)
  • Holen Sie sich Hilfe. Das geht auch anonym
  • Wenn Sie den Täter/die Täterin kennen, ist es vermutlich besonders schwer für Sie, die Situation auszuhalten. Dann brauchen Sie dringend selber Unterstützung.
  • Verletzen Sie nicht das Vertrauen des Mädchen oder Jungen. Es hat durch den Missbrauch schon eine erhebliche Vertrauensverletzung erlebt. Das bedeutet, dass es wichtig ist, die/den Betroffenen über Ihre nächsten Schritte zu informieren. Das heißt nicht, dass das Mädchen oder der Junge jedem Schritt zustimmen muss. Es kann sein, dass Sie Entscheidungen treffen müssen, die das Kind oder die/der Jugendliche erstmal nicht gut findet.
  • Entlasten Sie die/den Betroffenen von Verantwortung. („Es ist nicht deine Schuld! Weder der Missbrauch, noch das, was jetzt passiert.“)
  • Rufen Sie uns an. Wir können Ihnen helfen!

Wenn Sie überlegen, eine Strafanzeige zu erstatten,
bedenken Sie bitte, dass sexueller Missbrauch ein sogenanntes „Offizialdelikt“ ist. Das bedeutet, dass eine solche Anzeige nicht zurückgezogen werden kann. Die Betroffenen müssen dann zumeist eine Aussage machen, ob sie dies wollen oder nicht. Das kann sehr belastend sein. Es kann auch gefährlich sein, wenn das Mädchen oder der Junge nicht vorher in Sicherheit gebracht worden ist. Der Täter bzw. die Täterin wird das Kind dann vermutlich unter Druck setzen.

Keine Frage: Sexueller Missbrauch ist eine Straftat und eine Anzeige sollte immer erwogen werden. Dies ist aber auch zu einem späteren Zeitpunkt möglich. Im ersten Schritt sollte immer für Schutz und Sicherheit für das Mädchen oder den Jungen gesorgt werden.
Wir beraten Sie auch zum Thema Strafanzeige.